MAGAZIN
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Winter 2015
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10 aus 12: Pro Jahrgang bildet der IW-Verbund sechs junge Menschen aus. Viele Azubis bleiben
nach ihrem Abschluss im Haus – als Mitarbeiter oder studentische Hilfskräfte.
U
nternehmen engagieren sich
ungewöhnlich stark in der dua-
len Berufsausbildung, in vielen
anderen Ländern mit eher schulischen
Ausbildungssystemen ist das nicht so“,
sagt Regina Flake, stellvertretende Pro-
jektleiterin des Kompetenzzentrums
Fachkräftesicherung (KOFA) im IW
Köln. Dennoch fällt es Firmen immer
schwerer, genügend Azubis zu finden.
Laut Berufsbildungsbericht der Bun-
desregierung blieben im Ausbildungs-
jahr 2014/2015 rund 41.000 Stellen
unbesetzt.
Dafür gibt es eine ganze Reihe von Grün-
den: So fanden zwar 20.700 Bewerber
trotz vieler freier Stellen keinen Ausbil-
dungsplatz – doch die jungen Menschen
interessierten sich nicht für die verfüg-
baren Ausbildungsberufe, ihnen fehlte
die nötige Qualifikation oder die Stellen
waren räumlich weit entfernt.
Die demografische Entwicklung sorgt
ebenfalls dafür, dass viele Firmen Nach-
wuchssorgen haben. Zudem zieht es
immer mehr Jugendliche an Unis und
Fachhochschulen: Im Wintersemester
2014/15 begannen in Deutschland mehr
als 430.000 junge Menschen ein Studi-
um, vor 15 Jahren waren es nur knapp
250.000. Mancher Azubi findet aller-
dings erst über ein Studium in die Aus-
bildung. Aktuell brechen gut 30 Prozent
der Bachelor-Studenten ihr Studium ab,
etwa ein Fünftel entscheidet sich dann
für eine Ausbildung.
Im Jahr 2014 hatten rund 30 Prozent der
Azubis die Hochschulreife, 2009 waren
es nur 20 Prozent gewesen. Auch des-
halb hat sich das Durchschnittsalter der
Azubis von 18,5 Jahren im Jahr 1993 auf
20 Jahre im Jahr 2011 erhöht.
Für die Ausbildungsplätze zum Medien
kaufmann für Digital und Print sowie
zum Kaufmann für Büromanagement
im IW-Verbund ist zumindest die Fach-
hochschulreife nötig. „Wir bieten die auf
zwei Jahre verkürzte Ausbildung an. Das
ist nur mit entsprechend qualifizierten
Azubis möglich“, erklärt die stellvertre-
tende Ausbildungsleiterin Gabi Dahm.
In den vergangenen Jahren gelang es
dem IW-Verbund immer wieder, beson-
ders gute Bewerber für sich zu gewin-
nen und auszubilden: Seit 2009 wurden
sechs IW-Azubis von der Industrie- und
Handelskammer für herausragende
Leistungen ausgezeichnet.
Der IW-Verbund bietet den Auszubil-
denden einige Annehmlichkeiten neben
dem Gehalt: Die zwölf Azubis – sechs
pro Jahrgang – haben einen eigenen
Ausbildungsraum;
Veranstaltungen
beispielsweise während der Gesund-
heitswoche sind auf sie zugeschnitten
und ihr Arbeitgeber zahlt den ange-
henden Medienkaufleuten einen ein-
wöchigen Vorbereitungskurs vor der
Abschlussprüfung. Die Kosten für die
Lehrmaterialien übernimmt das IW
sowieso.
„Das Image des Hauses ist sehr gut
und während der Ausbildung habe ich
im IW-Verbund die Chance, Einblicke
in ganz unterschiedliche Bereiche zu
erhalten“, sagt Simon Barth, 20, die
Entscheidung für seinen Ausbildungs-
betrieb.
Viele Auszubildende bleiben nach
ihrem Abschluss übrigens im Haus.
Entweder, weil sie eine Festanstellung
erhalten oder weil sie als studentische
Hilfskraft weitermachen, wenn sie
nach der Ausbildung studieren.
Wie das IW Köln tun auch viele an-
dere Unternehmen immer mehr, um
sich einerseits für gute Schulabgän-
ger interessant zu machen und sich
andererseits für leistungsschwächere
Bewerber zu öffnen: Laut Ausbildungs-
umfrage des Deutschen Industrie- und
Handelskammertags (DIHK) bietet je-
der 5. Betrieb mittlerweile ein duales
Studium an. Manche ermöglichen ih-
ren Azubis sogar Auslandsaufenthal-
te. Rund 75 Prozent der Firmen haben
sich zudem auf leistungsschwächere
Schulabgänger eingestellt. Dies soll
durch den Ausbau der sogenannten as-
sistierten Ausbildung zukünftig weiter
gestärkt werden, bei der sowohl schwä-
chere Azubis als auch Unternehmen
während der Ausbildung individuell
unterstützt werden.
„Das duale System ist noch immer
erfolgreich“, hält Bildungsökonomin
Flake fest. „Aber die Firmen stehen
mehr denn je in direkter Konkurrenz
zu den Hochschulen. Gerade kleinere
Unternehmen müssen alles daran
setzen, Azubis für sich zu gewinnen.“
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„Gerade kleinere Unternehmen
müssen alles daran setzen,
Azubis für sich zu gewinnen.“
Regina Flake